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Totentempel des Merenptah
 

In der Folge der vom Schweizerischen Institut im Totentempel Amenophis’ III. abgeschlossenen baugeschichtlichen Untersuchung wandte sich das Interesse des Instituts den im benachbarten Totentempel des Merenptah (1213-1202 BC) zum Teil schon sichtbaren, im Namen Amenophis’ III. dekorierten Kalksteinblöcken zu, um deren Inhalt und Herkunft zu studieren. Die 1971 begonnene Nachuntersuchung des bereits vom englischen Archäologen William M. Flinders Petrie 1896 im Zuge seiner Untersuchungen in der thebanischen Nekropole freigelegten Tempels galt im Weiteren der Überprüfung des von ihm hinterlassenen, weitgehend korrekten, doch zum Teil noch unverstandenen Plans dieses Baus. Er bildet ein wichtiges, auch von Petrie noch nicht beachtetes Glied in der Entwicklung der thebanischen Totentempel in der Wende von der 19. (1320-1200 BC) zur 20. Dynastie (1200-1085 BC).
            Der in der thebanischen Nekropole seit dem Mittleren Reich üblichen Tradition folgend, lässt Merenptah seinen Totentempel südlich dem seines Vorgängers und Vaters, Ramses’ II., gegen den Nil orientiert anlegen und schneidet dabei in die Nordwestecke des Temenos’ des benachbarten Totentempels Amenophis’ III. ein. Offenbar lag dieser zum Teil schon in Ruinen, denn zur Errichtung seines Tempels lässt Merenptah dort Baumaterial und Statuen aller Art zur Wiederverwendung entnehmen. Einen Teil der Statuen usurpiert er zu seiner Selbstverherrlichung.
            Neben der sich über fünfzehn Kampagnen (1971-73, Leitung Gerhard Haeny, 1989-2000, Leitung Horst Jaritz) erstreckenden archäologischen Untersuchung des Tempels, bildete die gleichzeitig einsetzende Restaurierung der im Tempelbereich gefundenen, im Namen Amenophis’ III. dekorierten Bauteile (Kalksteinblöcke eines monumentalen und zweier kleinerer Tore) und Teile aufgefundener Kolossalstatuen sowie die Herrichtung des Platzes als öffentlich zugängliches Freilichtmuseum den weiteren Schwerpunkt der Unternehmung. Die drei abschließenden Kampagnen (2000-2002, Leitung Horst Jaritz) waren ausschließlich der Herrichtung des Platzes und dem Bau eines Grabungsmuseums gewidmet.

 

Blick auf den Totentempel des Merenptah mit Site Museum
 

Die Herrichtung des Platzes erfolgte unter der Aufsicht der ägypischen Antikenverwaltung (SCA) und gelang dank des wohlwollenden Interesses des Kulturministers Farouk Hosni. Anlässlich eines Besuchs des Präsidenten der ARE, Hosni Moubarak, am 03.03. 2002 wurde der Platz im Beisein des Kulturministers, des Gouverneurs von Luxor und hoher Persönlichkeiten der SCA sowie des Schweizer Botschafters, Raimund Kunz, feierlich eröffnet, am 04.04.2002 offiziell den ägyptischen Behörden übergeben.

Gleich anderen Totentempeln der 18. bis 20. Dynastie besteht der in seinem Raumprogramm und im Gesamtumfang diesen gegenüber bescheidener ausgelegte Tempel des Merenptah von Osten nach Westen aus den folgenden Hauptabschnitten

 

Plan des Totentempels des Merenptah
 

           1) dem zentral liegenden Steintempel zur Verehrung des verstorbenen Pharaos, umfassend einen 1. Pylon, einen 1. Hof mit seitlichen Säulenkolonnaden, einen 2. Pylon, einen 2. Hof mit dreiseitig umlaufenden Osirispfeilerkolonnaden, gefolgt vom gedeckten Teil des Tempels, bestehend aus einem 1. Säulensaal mit jeweils drei Räumen auf seiner Süd- bzw. Nordseite, einem 2. Säulensaal mit Seitenräumen, dem Allerheiligsten mit Barkenräumen für die Thebanische Triade (Amun, Mut und Khons), südlich davon einer Kapelle zur Verehrung der Vorfahren, nördlich davon einer Kapelle mit Hof für den Kult des Sonnengottes Re und dem Schlachthaus des Tempels. Den gedeckten Tempelteil umgibt ein dreiseitig umlaufender Gang, der ihn von den Nebengebäuden trennt.
           2) den Nebengebäuden aus Trockenziegeln, umfassend - auf der Südseite des Tempels - den Palast des verstorbenen Pharaos, das Haus des Oberpriesters, einen Brunnen mit Umgang, Werkstätten; - auf der Nordseite des Tempels - die in drei Gruppen angelegten, durch zentrale Korridore erschlossenen Magazine des Tempels. Von diesen weist die östliche Gruppe (C) einen südlich vorgelagerten Hof zur Verteilung der einkommenden Vorräte auf, die westliche Gruppe (A) ist inschriftlich als das Schatzhaus des Tempels ausgewiesen.
           3) einer mächtigen aus Trockenziegeln errichteten Umfassungsmauer ohne Türme.

Der Tempel wurde in zwei Bauphasen errichtet. Der ursprüngliche Plan zeigt den Tempel zwar schon in seinem späteren Gesamtumfang, doch mit einem geringeren, für den Totenkult aber ausreichenden Raumprogramm. Bestimmte Bauabschnitte, so der 1. Pylon, die Seitenmauern des 1. und 2. Hofs sowie der Palast sind in dieser Phase noch aus Trockenziegeln errichtet, anstelle des 2. Pylon gab es nur eine die beiden Höfe trennende Mauer, im 1. Hof fehlen noch die seitlichen Säulenhallen, im 2. Hof die seitlichen Osirispfeilerhallen. Im 1. Säulensaal waren zunächst drei Reihen mit sechs Säulen ohne Seitenräume vorgesehen, das Allerheiligste bestand lediglich aus den Barkenschreinen für die Thebanische Triade. Noch fehlen das Haus für den Oberpriester und die weiträumige Brunnenanlage.

 

Plan der älteren Bauphase
 

Der Beginn der 2. Bauphase mit ihren verschiedenen Änderungen und Erweiterungen des ursprünglichen Plans findet die Konstruktion des ursprünglich vorgesehenen Tempels noch in den Fundamenten. Allem Anschein nach ist die Erweiterung des Tempels verbunden mit einer erhöhten Lebenserwartung des schon betagten Merenptah und wird im Zusammenhang mit dem Sieg über eine libysche Koalition in seinem 5. Jahr realisiert. Die heute im Ägyptischen Museum von Kairo im Original zu sehende, von Petrie gefundene Siegesstele wurde vor der nun schon in Stein ausgeführten Fassade des Palastes errichtet.

Die Herrichtung des Platzes umfasst im Einzelnen

           1) eine Darstellung des Tempelplans (M 1:1) durch das Auslegen seiner gesamthaft ausgeraubten Mauern in ebenerdigem Bruchsteinmauerwerk, dessen Baumaterial ausschließlich aus dem Abbruchschutt des Tempels gewonnen wurde.
           2) eine Darstellung der ehemals aus Trockenziegeln errichteten Nebenanlagen durch das Überdecken erhaltener Mauerabschnitte mit mehreren Ziegelschichten zu deren Schutz und die Rekonstruktion gänzlich zerstörter Mauerabschnitte bis zu einer gewissen Höhe aus Trockenziegeln, die aus dem Abbruchschutt der Nebenanlagen gewonnen wurden.
           3) das Ausstellen der erhaltenen Mauerwerksblöcke und Dachelemente dort, wo ihre ursprüngliche Verwendung anhand ihrer Dekoration oder ihres Fundplatzes sicher festgestellt werden konnte, auf neutralen, aus Kalksandziegeln gemauerten Podien mit einer Erklärung des Baukontexts auf Aluminiumtafeln.
           4) die Wiedererrichtung dreier kolossaler Statuengruppen im Westen des 2. Hofs/vor der Tempelfassade gleichfalls auf neutralen, aus Kalksandziegeln gemauerten Podien.
 

Wiedererrichtete Statuengruppen im 2.Hof
 

           5) die Umgestaltung der ausschließlich aus Blöcken eines Monumentaltors
Amenophis’ III. angelegten Fundamente des 2. Pylons in zwei Ausstellungsräume, um diese mit ihrer polychromen Dekoration noch wohl erhaltenen Blöcke besichtigen zu können,
           6) die Einrichtung eines weitgehend überdachten Lapidariums an der Südwestecke des Tempelkomplexes zur Aufbewahrung eines Teils des im Tempel des Merenpath wieder verwendeten Baumaterials (Blöcke eines Baus der Hatschepsut, Torblöcke und Säulenteile, Fragmente einer kolossalen Schakalsphinx und zweier anthropomorpher Sphinxe aus Kalkstein, Fragmente einer Vielzahl von Schakalsphinxen aus Sandstein einschließlich ihrer Podien, alles aus dem Totentempel Amenophis’ III.),
           7) die Errichtung eines als strenger Reckeckkubus konzipierten Grabungsmuseums an der Nordostecke des Tempels außerhalb des archäologischen Platzes. In dem als Rundgang mit Niveauabstufung gestalteten Innenraum kommen die sonst in Magazinen der SCA untergebrachten Kleinfunde, fragilen Bauteile und diverse Statuenfragmente, Fragmente der Tempeldekoration und eine Auswahl der im Tempel gefundenen Keramik zur Ausstellung.

 

Blick in das Grabungsmuseum
 
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