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Syene/Aswan
 

Schon in den frühen 1970er Jahren begann das Schweizerische Institut mit der Dokumentation und Untersuchung von Einzelmonumenten im Stadtgebiet von Assuan und in der näheren Umgebung. Zwischen 1986 und 1993 wurden unter der Leitung von H. Jaritz erste Grabungen aufgenommen, die sich zum einen auf den Tempel des Domitian und zum anderen auf die Umgebung des Isistempels im Stadtzentrum von Assuan konzentrierten.  Seit Herbst 2000 führt das Schweizerische Institut gemeinsam mit dem Supreme Council of Antiquities Aswan ein umfangreiches und langfristig konzipiertes Forschungsprojekt in der Stadt Assuan durch. Die Projektleitung liegt in den Händen von C. von Pilgrim und Mohamed el-Bialy, die örtliche Grabungsleitung liegt beim Stellvertretenden Direktor des Instituts Wolfgang Müller.
Zielsetzung ist die Erforschung der Besiedlungsgeschichte des Ostufers von Assuan, wo sich in griechisch-römischer Zeit die Stadt Syene (altägypt. swnw) befand, die Zwillingsstadt von Elephantine; südlichste Stadt des römischen Reiches sowie bedeutendste Stadt Oberägyptens in griechisch-römischer bis frühislamischer Zeit, die heute fast vollständig unter der modernen Stadt Assuan verschwunden ist. Syene, am ersten Nilkatarakt gelegen, war immer wieder über längere Zeit die südliche Grenzstadt Ägyptens und wichtige Garnisonsstadt. An der Schnittstelle zu Nubien gelegen, war Syene darüber hinaus ein bedeutendes Handelszentrum sowie in der ganzen alten Welt berühmt für seine Granitvorkommen.
Gegenstand des Projektes ist die Stadtgeschichte von ihren Anfängen bis in die frühe Neuzeit. Die archäologischen Arbeiten konzentrieren sich zum einen auf die Freilegung und Untersuchung des Umfeldes dreier in ausgewiesenen Antikengebieten liegenden Tempel der ptolemäischen und römischen Zeit und deren Restaurierung, um sie später der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können.
Zum anderen werden erstmals in Ägypten systematische Notgrabungen im Vorfeld von aktuellen Neubaumassnahmen durchgeführt. Bisher wurden über 60 Bauvorhaben temporär gestoppt und nach Abschluss von archäologischen Untersuchungen wieder frei gegeben. Die Rettungsgrabungen dauern je nach Umfang und Bedeutung der Areale zwischen wenigen Tagen und zwei Jahren.
Nicht nur die Durchführung systematischer Notgrabungen in einer modernen Stadt stellt ein in Ägypten neues Forschungskonzept dar. Zugleich dient das Projekt der Ausbildung von Mitarbeitern des lokalen Antikendienstes, die in das Projekt integriert sind.
Neben der wissenschaftlichen Erforschung  der Stadtgeschichte bis in die Neuzeit ist ein weiteres Projektziel, in der Stadt ein Bewusstsein für die Stadtgeschichte zu wecken und Kompromisse zwischen moderner Stadtentwicklung und Bewahrung archäologischer Areale anzuregen. Mittelfristiges Vorhaben ist die Schaffung einer zentralen archäologischen Zone aus dem Zusammenschluss zweier durch eine Asphaltstrasse voneinander getrennter Antikengebiete und der Anlage eines historischen Besuchspfades („Aswan History Trail“).

Ausgewählte Ergebnisse der Rettungsgrabungen im Stadtgebiet von Assuan

Die Situation des antiken Siedlungsgebiets am Ostufer des Nils im Kataraktgebiet erschließt sich nur kombiniert mit der Stadt auf der Insel Elephantine. Zentrale Fragestellungen des Projekts ergaben sich aus den langjährigen Arbeiten, die bisher dort durchgeführt wurden. Einer hervorragenden stratigraphischen Sequenz in pharaonischer Zeit steht in Elephantine ein sehr lückenhafter Befund für den Zeitraum von der ägyptischen Spätzeit bis zur islamischen Periode gegenüber. Die auf der Insel nicht überbauten und daher durch die ausgedehnte Sebachgräberei im 19. Jahrhundert weitgehend zerstörten Schichten wurden in zahlreichen Bereichen der modernen Stadt Assuan durch seicht fundamentierte Häuser überbaut und sind somit erhalten geblieben. Vielstöckige, tief fundamentierte moderne Gebäude bedrohen zunehmend diese Schichten, ein wesentlicher Grund für die archäologische Begleitung neuer Bauvorhaben. Die zunehmende Bedeutung der Stadt ab der Ptolemäerzeit mit einem Höhepunkt in der frühislamischen Zeit machte die Erforschung der archäologischen Hinterlassenschaft diverser Epochen besonders vielversprechend.

Ausgangspunkt jeglicher weiterer Erforschung einer antiken Siedlung ist die Rekonstruktion der antiken Topographie, da nur so die historische Entwicklung der Stadt erschlossen werden kann. Die Daten für die Karte (oder besser Karten) des antiken Assuan werden zum Einen mit gezielten geomorphologisch begleiteten Bohrungen, zum Anderen aus den über einen Großteil des Stadtgebiets verteilten Grabungen gewonnen. Historische Karten und Aufnahmen machen die ungemeine Dynamik der Entwicklung des urbanen Raumes bis heute deutlich.

 

Stadtplan mit Arealen
 

Description de l’Egypte
 

Die ältesten bislang festgestellten Siedlungsspuren datieren in das Alte und Mittlere Reich. Die Fundplätze mit Material aus diesen Epochen scheinen sich auf den Bereich nördlich der griechisch-römischen Stadt entlang des antiken Flussufers zu beschränken. Da Befunde aus dieser Zeit meist nur in sehr großer Tiefe anzutreffen sind, lässt sich noch kein deutliches Bild über die Siedlungsstruktur gewinnen. Material und Strukturen aus dem Alten Reich (5. Dynastie) lagen am antiken Ufer, das - deutlich östlich des modernen Nilufers - etwa an Stelle der modernen Suk-Strasse verlief.

 

Areal 23
 

Im Mittleren Reich erstrecken sich die Siedlungsspuren weiter nach Osten und scheinen über die bloße Granitgewinnung und –verarbeitung des Alten Reiches hinauszugehen. In Areal 45 wurden Teile eines Gebäudes aus der späten 12. Dynastie ausgegraben. Keramik derselben Zeitstellung wurde nahezu im gesamten Stadtgebiet gefunden.

 

Areal 45
 

Zur Stadt des Neuen Reiches fehlen einstweilen noch Daten, verstreute Keramik aus dieser Epoche zeugt allerdings von reger menschlicher Aktivität an mehreren Stellen im Bereich des modernen Stadtgebiets.

Die archäologische Evidenz aus der Spätzeit, vor allem der Perserzeit und 30. Dynastie, ist wesentlich reichhaltiger. Die Stadtmauer, die die Siedlung dieser Zeit umschloss, wurde an mehreren Stellen angetroffen.  Am markantesten und besten erhalten ist die Mauer unmittelbar östlich des Isistempels, wo sie sichtbar und zugänglich ist. Unmittelbar südöstlich von Areal 1 befindet sich das ebenfalls erhaltene südöstliche Eck der Mauer. In Areal 46 wurde ein Teil der Mauer mit einer kleinen Pforte gefunden, in Areal 15 ein Teil des westlichen Abschnitts der Mauer.
 

Stadtmauer in Areal 1
 

Die Ausmaße der Stadt können somit mit Ausnahme ihres nördlichen Abschlusses rekonstruiert werden. Es handelt sich um eine kleine Garnison mit etwa 12ha. Es scheint wahrscheinlich, dass der erste Schritt zur Entstehung der Stadt im Süden des modernen Stadtgebiets bereits im Neuen Reich erfolgte und im Zusammenhang mit einer Festung unmittelbar südlich der Stadt (ein Teil der nördlichen Umwehrung einer spätzeitlichen Festung wurde in Areal 13 angetroffen) steht.          

 

Stadtmauer in Areal 46
 

Stadtmauer in Areal 15
 

In Areal 15 wurde ein Teil der eigentlichen Siedlung mit sehr dichter Bebauung untersucht. Obwohl ältere Schichten bereits unterhalb des Grundwasserspiegels lagen, konnte eine Vorgängersiedlung ähnlichen Charakters aus der 26. Dynastie nachgewiesen werden. Auch diese Siedlung wurde nach Westen hin von einer Mauer geschützt. Die Nekropolen dieser Zeit lagen südlich und östlich der Stadt.

 

Perserzeitliche Bebauung in Areal 15
 

Das hellenistische Syene entwickelte sich zunächst innerhalb der spätzeitlichen Mauer. Das bedeutendste erhaltene Monument Assuans, der Isistempel in Areal 1, wurde unter Ptolemaios III errichtet. Die Cella des Tempels ist einschließlich des Daches vollständig erhalten. Unter Ptolemaios III scheinen die Aktivitäten in der unter den ersten Ptolemäern eher vernachlässigten Stadt wieder zuzunehmen. In Areal 15 wurden die Reste einer monumentalen Anlage unbestimmten Zwecks freigelegt. Vermutlich handelt es sich um Teile eines Monuments, das einen Sieg Ptolemaios III über die Seleukiden verherrlichen sollte.

 

Front des Isis Tempels
 

Isis Tempel Überblick
 

Postament in Areal 15
 
Zu Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr. kommt es zu einem markanten Entwicklungsschub in der Stadt. Die Grenzen der spätzeitlichen Siedlung werden gesprengt, die teilweise bereits in frühptolemäischer Zeit abgetragene Stadtmauer wird nun größtenteils zerstört und das Siedlungsgebiet erweitert sich nach Süden, wo sich südlich des Verlaufs der Stadtmauer eine Art Vorstadt mit geräumigen und sehr gut ausgestatteten Häusern bildet. Im Osten bleibt die Mauer im Bereich des Isistempels unangetastet. Zum Einen, weil die Mauer im Bereich des Isistempels als Temenosmauer genutzt wurde, andererseits, weil sich im Osten von Areal 1 und 2 ein sumpfiges, bei hohen Nilständen überflutetes, Gebiet erstreckte. Der Flurname „Birket Damas“ weist noch heute auf diesen Charakter der Gegend hin. In den Arealen 46 und 36 konnte nachgewiesen werden, dass sich die Stadt selbst über unwegsamen steil ansteigenden Granit ausdehnte.
 

Ptolemäische Bebauung in Areal 46
 
Umfangreiche Terrassierungsarbeiten waren notwendig, um dort Bauland zu schaffen. Im Westen wuchs die Siedlung ebenfalls über die alten Grenzen hinaus. Das Nilufer begann sich, vermutlich aufgrund alluvialer und anthropogener Ablagerungen, nach Westen zu verlagern. In Areal 15 wurde über dem nicht fertig gestellten Monument Ptolemaios III ein größeres Gebäude mit einem Bad errichtet. Dieses Bad folgt einem in Ägypten und im gesamten hellenistischen Raum geläufigen Schema. Den Badenden standen zwei Sitz- und eine Liegewanne zur Verfügung. Es handelt sich um eine luxuriöse Einrichtung öffentlichen Charakters, die den Bewohnern Syenes, im äußersten Süden der hellenistischen Welt, Annehmlichkeiten der urbanen Kultur des östlichen Mittelmeerraums zugänglich machen sollte. Neben Bädern (ein weiteres wurde in Areal 13 gefunden) erweckt auch die materielle Kultur den Eindruck einer blühenden Stadt, die am Austausch von Gütern und Ideen innerhalb Ägyptens und darüber hinaus regen Anteil hatte.
 

Hellenistisches Bad in Areal 15
 

Einige markante Ereignisse geben den historischen Hintergrund für diese Entwicklung ab. In der Zeit Ptolemaios IV kam es zu einer Abspaltung Oberägyptens von der Ptolemäerherrschaft (204 – 186/87 v. Chr.). Erst unter Ptolemaios V gelang es, die Kontrolle über den Süden Ägyptens wieder herzustellen. Unter Ptolemaios IV wurde die Dekoration des Isistempels abgebrochen und nie mehr fertig gestellt. In Areal 15 wurde das monumentale Bauwerk ebenfalls nicht fertig gestellt. In den Ruinen des Baus bezeugten zahlreiche Pfostengruben und Feuerstellen, dass dieser prominente Platz innerhalb der Stadt immer wieder für kurze Zeit als Lagerplatz genutzt wurde.

Die Errichtung des Badehauses fällt in die Zeit unmittelbar nach der Rückeroberung. Das Anwachsen der Bevölkerung, das auch in anderen Städten Ägyptens festgestellt werden konnte, dürfte mit dem weitgehenden Verlust außerägyptischer Besitzungen in spätptolemäischer Zeit und den damit einhergehenden Bevölkerungsströmen zusammenhängen.

Areal 15 und Areal 13 zeigen eine ähnliche Entwicklung bis in spätrömische Zeit: Die Bebauung wurde immer dichter, die Straßen wurden immer schmäler bzw. zu Sackgassen oder Hofbereichen umfunktioniert. Das für das römische Ägypten mit seinem knapp bemessenen Bauland typische Turmhaus wird auch in Syene zur bevorzugten Bauform. In Areal 1 konnten Teile der kaiserzeitlichen und byzantinischen Stadt freigelegt und konserviert werden. Aufgrund steigender Bevölkerungszahlen wurde der ehemals freigehaltene Temenosbereich um den Isistempel dicht bebaut. Trotz der Enge und der, wegen der unzureichenden Belüftungs- und Lichtverhältnisse in den Turmhäusern, schlechten Lebensverhältnisse, zeigen die Funde, dass während der gesamten Epoche römischer Herrschaft Produkte aus allen Teilen der Mittelmeerwelt konsumiert wurden und die Ausstattung der aus luftgetrockneten Lehmziegeln errichteten Häuser durchaus hohen Standard hatte.

 

Römische Bebauung in Areal 1
 

Zwei bedeutende Gebäude aus römischer Zeit blieben in Assuan erhalten: der sogenannte Tempel des Domitian (Areal 3) östlich des Deutschen Krankenhauses und der „Roman Shrine“ (Areal 5). Von einem Tempel des Tiberius aus dem früheren 1. Jh. n. Chr. in Areal 2 blieben nur geringe Reste erhalten.

 

Tempel des Domitian
 

Roman Shrine
 

Der von Domitian am Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. dem Gott Chnum geweihte und im ägyptischen Stil errichtete Tempel war das einzige seit der Antike sichtbare Gebäude des alten Syene. Irrtümlicherweise galt der Tempel bei den Reisenden des 19. Jahrhunderts als jener Ort, an dem Erathostenes im 3. Jh. v. Chr. den Erdumfang (annähernd korrekt) berechnet hatte und wurde bei der Suche nach dem berühmten Brunnen stark in Mitleidenschaft gezogen und später zur Gewinnung von Baumaterial teilweise abgetragen.

Der „Roman Shrine“ wurde im Zuge einer der ersten Notgrabungen auf Assuaner Boden im Jahre 1999 freigelegt. Es handelt sich bei dem kleinen, aber in hervorragender Qualität im dorischen Stil errichteten Bauwerk um eine Exedra oder ein lokales Heiligtum. Auch dieses Gebäude ist heute noch in Assuan sichtbar.

Vom administrativen Zentrum des römischen Syene wurden lediglich Spuren gefunden. Im Bereich der „Germania“, dem Deutschen Krankenhaus wurden noch zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts aufrecht stehende Granitsäulen angetroffen. Sie dürften von einer römischen Basilika aus dem 2. Jh. n. Chr. stammen.
In römischer Zeit diente Syene drei Auxiliareinheiten als Garnisonsort. Zusammensetzung und Herkunft dieser Truppen änderte sich häufig, doch die Truppenstärke  von etwa 1500 Mann blieb erhalten. Assuan war auch in römischer Zeit ein administratives und militärisches Zentrum im Süden Ägyptens. Archäologische Spuren dieser massiven militärischen Präsenz, die zahlenmäßig der zivilen Bevölkerung der Stadt entsprach, sind spärlich. Kein römisches Lager wurde bislang auf Assuaner Boden gefunden. Vereinzelte Militaria unter den Kleinfunden bezeugen jedoch die Präsenz römischer Soldaten in der Stadt. Zwei zeitlich aufeinander folgende Spitzgräben südlich der modernen Koptischen Kathedrale (Areal 32) zeugen von Verteidigungsanstrengungen, sind aber nicht notwendigerweise ein Hinweis auf ein in der Nähe liegendes römisches Lager. Die Gräben aus spätrömischer Zeit wurden nach kurzer Zeit wieder zugeschüttet und stehen in keiner längeren Tradition. Offenbar musste ein besonders exponierter Teil der Stadt aufgrund einer temporär bestehenden Bedrohungssituation durch zusätzliche Maßnahmen geschützt werden

 

Spitzgraben in Areal 32
 
Von besonderer Bedeutung für die Kenntnis über die Zusammensetzung und Lebensumstände der Bevölkerung des römischen Assuan sind die Grabungen im Gebiet der ehemaligen Nekropole. In einer Grabanlage aus miteinander verbundenen aus Lehmziegeln errichteten und überwölbten Grabkammern aus dem 2. Jh. n. Chr. wurden zahlreiche unberaubte Bestattungen gefunden.
 

Überblick über die Grabanlage
 

Detail einer Bestattung
 

Gräber aus byzantinischer Zeit wurden in Areal 45 freigelegt. Dieser Friedhof, wurde, obwohl inmitten der islamischen Stadt liegend, zunächst nicht überbaut. Erst als die Gräber vollständig von Siedlungs- und Werkstättenabfall aus dem nahe liegenden Suk bedeckt war, wurden in mamlukischer Zeit Häuser im Areal errichtet.
Die spätrömische und byzantinische Epoche hinterließ eine Fülle an Keramik und anderem Fundmaterial, aber relativ geringe architektonische Reste. Eine Ausnahme stellen die reichen Funde in Areal 6 dar. Dort wurden Teile einer Kirche mit Martyrium und Baptisterium ausgegraben. Diese Funde zeugen von der historisch belegten Bedeutung des Bischofssitzes Syene, der nun endgültig mehr und mehr aus dem Schatten Elephantines trat und dieses an Bedeutung übertraf.

 

Der byzantinische Friedhof in Areal 45
 

Grabstele
 

Den Höhepunkt seiner städtischen Entwicklung erreichte Assuan in frühislamischer Zeit, als es zur wichtigsten Station für die nordafrikanischen Pilgerströme auf ihrem Weg nach Mekka wurde. Die Stadt dehnte sich nun weit nach Norden aus. In nahezu allen Arealen wurden reiche Reste aus dieser Epoche gefunden. Es handelt sich vor allem um Wohnhäuser und Läden im Bereich des Suks. Bei einer Grabung unter der Suk-Strasse (Areal 37) wurde ein 8m starkes Schichtenpaket angetroffen, das vom Beginn islamischer Herrschaft bis in die Gegenwart reichte. Die Straße veränderte ihre Lage in dieser Zeit kaum. Die Straße wurde zu allen Zeiten von Läden gesäumt. Der Suk als wesentlicher sozialer und kommerzieller Mittelpunkt stellt damit eine Konstante in der sich dynamisch entwickelnden Stadt dar. Die beeindruckende Kontinuität, die hier offenbar wird, bietet sich an, um in der oben beschriebenen Weise eine Identifikationsbasis für die moderne Bevölkerung Assuans zu schaffen.

 

Profil durch die Suk-Strasse in Areal 37
 

Das einzige Gebäude öffentlicher Natur aus islamischer Zeit wurde in Areal 32 gefunden. Es handelt sich um ein isoliertes, teilweise in Stein errichtetes Bauwerk, das wahrscheinlich im 9. Jh. südlich der Stadt errichtet wurde. Das Steinmaterial für den Bau besteht aus wieder verwendeten Blöcken eines Tempels der 30. Dynastie. Der nördliche Teil des Bauwerks wurde beim Bau der modernen koptischen Kathedrale zerstört. Die Form des Baus und die Stärke der Mauern zeigen eindeutig Befestigungscharakter.  Das mehrstöckige, möglicherweise turmartige Bauwerk diente einerseits dem Schutz der Stadt, andererseits der Kontrolle der wichtigen Handelsrouten nach Süden.

 

Frühislamisches Gebäude in Areal 32
 

Südwest Ecke des Gebäudes mit pharaonischen Spolien
 

Bei einer Grabung im Bereich des Deutschen Krankenhauses (Areal 52) wurde die mittelalterliche Ufermauer freigelegt. Die Mauer war 8m hoch erhalten und wies eine schmale überwölbte Öffnung auf, vermutlich Teil einer Saqia, eines großen Schöpfrades, mit dessen Hilfe das Wasser in zwei große Tanks unmittelbar östlich der Mauer gehoben wurde.

 

Mittelalterliche Ufermauer
 

Speziell im unteren Bereich wurde die Mauer aus grösseren, spätrömischen Spolien errichtet. Einige davon tragen griechische Inschriften.

 

In der Ufermauer verbaute Inschriften
 

Speziell im unteren Bereich wurde die Mauer aus grösseren, spätrömischen Spolien errichtet. Einige davon tragen griechische Inschriften.
Eine Stadtmauer aus römischer und frühislamischer Zeit ist heute nicht mehr sichtbar. Eine vermutlich mittelalterliche Stadtmauer ist jedoch auf der Karte der napoleonischen Expedition abgebildet. Diese Mauer verlief südlich von Areal 32 und folgte im Osten zunächst der spätzeitlichen Stadtbefestigung, schwenkt im weiteren Verlauf jedoch nach Osten aus.

Dieser kurze Abriss zeigt eindrücklich, wie sehr das Bild des antiken Syene und unsere Kenntnis der Stadtgeschichte Assuans durch das gemeinschaftliche Schweizerisch- ägyptische Projekt bereichert werden kann. Wesentliche Aspekte, wie die Aktivitäten des Alten und Mittleren Reiches waren bis zu ihrer Entdeckung im Zuge von Notgrabungen völlig unbekannt. Auch entscheidende Perioden wie der Übergang von römischer zu islamischer Herrschaft oder das Ende des Ptolemäerreiches lassen sich hier in neuer Weise untersuchen. Das ausgegrabene Fundmaterial erlaubt es erstmals, die Geschichte einer bestehenden ägyptischen Stadt über einen Zeitraum von mehr als viertausend Jahren archäologisch fassbar und nachvollziehbar zu machen.

 
 
Aktuell laufende Teilstudien:
 

Die Grabungen in Areal 1 und Areal 6. Keramik und Befunde (K.-C. Bruhn/Mainz, S. Martin-Kilcher/Bern,
J. Wininger/Basel) (mit Unterstützung der Schweizerisch-Liechtensteinischen Stiftung für archäologische Forschungen im Ausland)
Geomorphologische Studien (Morgan de Dapper/Ghent)
Griechische Epigraphik (Stefan Pfeiffer/Halle)
Die griechisch-römischen Terrakotten (Martin Fink/Würzburg)
Die Keramik des Mittleren Reiches (Irene Forstner-Müller/Kairo)
Die Keramik islamischer Zeit (Alison Gascoigne/Southampton)
Areal 13c: Stratigraphie, Architektur und Kleinfunde (Mariola Hepa/Köln)
Die Keramik aus Areal 15 (Sabine Ladstätter/Wien)
Housing in Antiquity (Late Ptolemaic, Roman, and Late Antique Period) in Syene and Elephantine, Upper Egypt (S. Ladstätter, D. Katzjäger, L. Rembart, H. Schwaiger; in Kooperation mit dem Österreichischen Archäologischen Institut / FWF Projekt P23866)
Felsinschriften aus dem Stadtgebiet (Marcel Maree/London)
Areal 15: Architektur und Stratigraphie (Wolfgang Müller/Kairo)
Die Münzen (H.-C. Noeske/Frankfurt a.M.)
Anthropologische und paläopathologische Untersuchungen (Jan Novacek, Kristina Scheelen, Michael Schultz/ Göttingen)
Die Keramik aus Areal 13 (Laura Rembart/Wien)
Paläozoologische Untersuchungen (Johanna Sigl/München)
Paläobotanik (Ursula Thanheiser/Wien)
Griechische und koptische Ostraka (Sofía Torallas Tovar/Madrid)
Arabische Ostraka (Amalia Zomeno/Madrid)

 

Publikationen:

Monographien:

Jitse H.F. Dijkstra, Syene I. The Figural and Textual Graffiti from the Temple of Isis at Aswan. With a contribution on the Egyptian Texts by E. Cruz-Uribe, Beiträge zur Ägyptischen Bauforschung und Altertumskunde Bd. 18, Mainz 2012.

 

Grabungsberichte:

Report 9th Season (2008/2009) - (PDF 2,13 MB)

Report 10th Season (2009/2010) - (PDF 5,13 MB)

Report 11th Season (2010/2011) - (PDF 2,16 MB)

Report 12th Season (2011/2012) - (PDF 2,16 MB)

Report 13th Season (2012/2013) - (PDF 16,3 MB)

Report 14th Season (2013/2014) - (PDF 11,2 MB)

Report 15th Season (2014/2015) - (PDF 2,7 MB)

Report 16th Season (2015/2016) - (PDF 7,9 MB)

Report 17th Season (2016/2017) - (PDF 7,9 MB)

Report 18th Season (2017/2018) - (PDF 4,5 MB)

Report 19th Season (2018/2019) - (PDF 2,6 MB)

Report 20th Season (2019/2020) - (PDF 6,3 MB)

Report 22nd Season (2021/2022) - (PDF 3,6 MB)

H. Jaritz / M. Rodziewicz, Syene - Review of the Urban Remains and its Pottery, in: MDAIK 50, 1994, S. 115-141, Taf. 16-22

H. Jaritz / M. Rodziewicz, Syene - Investigation of the Urban Remains in the Vicintiy of the Temple of Isis (II), in: MDAIK 52, 1996, S. 233-249, Taf. 41-44

C. von Pilgrim / K.-C. Bruhn / A. Kelany, The Town of Syene. Preliminary Report on the 1. and 2. Season in Aswan, in: MDAIK 60, 2004, S. 119-148, Taf. 14-19

C. von Pilgrim / K.-C. Bruhn / J.H.F. Dijkstra / J. Wininger, The Town of Syene – Report on the 3rd and 4th Season in Aswan, in: MDAIK 62, 2006, S. 215-277, Taf. 43-52

C. von Pilgrim / D. Keller / S. Martin Kilcher / F.M. el-Amin / W. Müller, The Town of Syene -Report on the 5th and 6th Season in Aswan, in: MDAIK 64, 2008, S. 305- 356

C. von Pilgrim / R. Colman / W. M�ller / J. Novacek / A. de Pontbriand / M. Schultz, The Town of Syene � Report on the 7th Season in Aswan, in: MDAIK 66, 2010 S. 179-224

C. von Pilgrim / W.Müller, Report on the Eighth Season of the Joint Swiss-Egyptian Mission in Syene/Old Aswan, in: ASAE 84, 2010, 317-342

C. von Pilgrim / W. Müller / L. Werlen, The Town of Syene – Report on the 8th Season in Aswan, in: MDAIK 67, 2013, S. 125-161

 

Artikel:

H. Jaritz, Untersuchungen zum ‘Tempel des Domitian’ in Assuan, in: MDAIK 31, 1975, S. 237-257, Taf. 78-83

H. Jaritz, Die Kirche des Heiligen Psothi vor der Stadtmauer von Assuan, in: Mélanges Gamal Eddin Mokhtar, Bibliotheque d' Etudes XCVII/2, 1985, S. 1-19, Taf. 1-3

H. Jaritz, On three townsites in the Upper Thebaid, in: CRIPEL 8, 1986, S. 37-42

H. Jaritz, Ein Bau der römischen Kaiserzeit in Syene, in: M. Krause / S. Schaten, Themelia. Spätantike und Koptologische Studien Peter Grossmann zum 65. Geburtstag. Sprachen und Kulturen des Christlichen Orients Vol. 3, Wiesbaden, 1997, S. 155-168

H. Jaritz, Eine Elephantenstatue aus Syene - Gott oder Gottgeweiht?, in: H. Guksch / D. Polz (Hg.), Stationen. Beiträge zur Kulturgeschichte Ägyptens Rainer Stadelmann gewidmet, Mainz 1998, S. 460-467

J.H.F. Dijkstra, New Light on the Patermouthis Archive from Excavations at Aswan. When Archaeology and Papyrology Meet, in: The Bulletin of the American Society of Papyrologists 44, 2007, S. 179-209

J.H.F. Dijkstra, Structuring Graffiti: The Case of the Temple of Isis at Aswan, in: R. Preys (Hg.), 7. Ägyptologische Tempeltagung: Structuring Religion (Leuven, 28. September - 1. Oktober 2005), Wiesbaden 2009, S. 79-93

J.H.F. Dijkstra, The Reuse of the Temple of Isis at Aswan as a Church in Late Antiquity, in: Journal of the Canadian Society for Coptic Studies (CSCS), Vol 1, 2010, S. 33-46

J.H.F. Dijkstra/ G.J.M. van Loon, A Church Dedicated to the Virgin Mary in the Temple of Isis at Aswan?,
in: ECA 7, 2010, S. 1-16

S. Ladstätter, Keramische Fundkomplexe aus Areal 15 der Stadtgrabungen in Syene/Aswan, in: S. Ladstätter / V. Scheibelreiter (Hg.), Städtisches Wohnen imöstlichen Mittelmeerraum (4Jh.v.Chr.-1.Jh.n.Chr.). Akten des
Internationalen Kolloquiums vom 24.-27.Oktober 2007 an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, ÖAW Denkschriften Bd. 397. Archäologische Forschungen 18, Wien 2010, S. 449-473

W. Müller, Domestic Architecture in Graeco-Roman Syene / Aswan, in: S. Ladstätter / V. Scheibelreiter (Hg.), Städtisches Wohnen im östlichen Mittelmeerraum (4Jh.v.Chr.-1.Jh.n.Chr.). Akten des Internationalen Kolloquiums vom 24.-27. Oktober 2007 an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, ÖAW Denkschriften Bd., Archäologische Forschungen, Wien 2010, S. 429-448

W. Müller, Urbanism in Graeco-Roman Egypt, in: W. Bietak / E. Cerny / I. Forstner-Müller (Hg.), Cities and Urbanism in Ancient Egypt, Denkschrften der Gesamtakademie 60, Untersuchungen der Zweigstelle Kairo des ÖAI Bd. 35, Wien 2010, S. 217-256

S. Martin-Kilcher, Syene-Assuan (Ägypten). Eine Keramikplatte des 7. Jahrhunderts mit gemaltem Kreuz aus einem frühchristlichen Sakralkomplex, in CCE 9 (2011), 253-267

D. Keller, Context, Stratigraphy, Residuality. Problems of Establishing a Chronology of Early Byzantine Glass in Southern Egypt, in: B. Böhlendorf-Arslan / A. Ricci, Byzantine Small Finds in Archaeological Contexts, Byzas 15, 2012, S. 477-487

I. Forstner-Müller, Nubian Pottery in Aswan, in: I. Forstner-Müller / P.Rose, Nubian Pottery from Egyptian Cultural Contexts of the Middle Kingdom and Early New Kingdom, Proceedings from a Workshop held at the Austrian Archaeological Institute at Cairo, 11-12 December 2010, Ergänzungsheft zu den Jahresheften des ÖAI in Wien, Heft 13, Wien 2012, S. 9-82

J.H.F. Dijkstra, Graffiti als tekens van persoon-lijke devotie in het Oude Egypte, in: Ta-Mery 2013, S. 54-71

J.H.F. Dijkstra, The Christian Wall Paintings from the Temple of Isis at Aswan Revisited, in: G. Gabra / H. Tekla, Christianity and Monasticism in Aswan and Nubia, Cairo 2013, S. 137-156

I. Forstner-Müller / W. Müller, Function and reuse of pottery within a Middle Kingdom baking place in Syene / Aswan, in: B. Bader / M. Ownby (Hg.), Functional Aspects of Egyptian Ceramics within their Archaeological Context. Proceedings of a conference at the McDonalds Institute for Archaeological Research in July 2009,
OLA 217, Leuven 2013, S. 99-117

W. Müller, A Hellenistic Bath in Aswan, in: M. F. Boussac / B. Redon (Hg.), Current Research on Baths in Egypt. New Archaeological Discoveries, BiEtud (in Vorbereitung)

W. Müller, M. De Dapper, The Urban Landscape of Aswan, in: Y. Tristant / M. Ghilardi (Hg.), Landscape Archaeology. Egypt and the Mediterranean World, BiEtud, Kairo 2013 (in Druck)

W. Müller, Hellenistic Aswan, in: D. Raue, S. Seidlmayer, P. Speiser (Hg.), The First Cataract of the Nile. One Region - Diverse Perspectives, SDAIK 36, Mainz 2013, S. 123-135

D. Keller, Continuity and Change in Byzantine and early Islamic glass from Syene/Aswan and Elephantine, Egypt, in: D. Keller / J. Price / C. Jackson, Neighbours and Successors of Rome, Oxford 2014, S. 194-199

W. Müller, Syene in the First Millennium AD, in: E. R. O'Connell (Hg.), Egypt in the First Millennium AD: Perspectives from new fieldwork, OLA, Leuven 2014, S. 59-69 (in Druck)

C. von Pilgrim, A site of the Old Kingdom on the eastbank of Aswan, in: Z. Hawass (Hg.) Symposium in honour of Ali Radwan, Suppl. ASAE (in Druck)

 
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